Tim Cook eröffnete in San Francisco die 34. Entwicklermesse WWDC (Worldwide Developer Conference). Es gibt neue Versionen des MacBooks, Neuigkeiten zum Betriebssystem Mountain Lion sowie die sechste Version des iPhone- und iPad-Betriebssystems (iOS). Cook machte – für meinen Geschmack etwas zu pathetisch – den “Grüß-Onkel” zu Beginn und am Ende, dazwischen überließ er den jeweiligen Sparten-Chefs die Präsentation der Neuerungen. Die Steve-Jobs-Tradition des “One more thing …” hat Cook leider nicht für sich übernommen. Es gab keine unerwartete Überraschungs-Ankündigung – kein neues iPhone, keinen Apple-Fernseher. Aber ansonsten lagen die Gerüchte-Köche recht nah dran …
iOS 6 – im Auto
Bis Ende März 2012 waren 365 Millionen Geräte mit iOS in Betrieb, so Scott Forstall, der iOS-Chef bei Apple. Die sechste Version von iOperating System (iOS) bringt über 200 Neuerungen. Forstall beginnt mit dem digitalen Sprachassistenten Siri und zeigt etliche Beispiele aus dem Sport-Bereich – natürlich auf Englisch. Bei Filmen gibt es in den USA eine Kooperation mit der Bewertungsplattform Rotten Tomatoes, bei Restaurants mit Yelp und Open Table.
Per Sprachbefehl lassen sich nun auch Apps starten sowie Tweets diktieren und abschicken. Etliche Autohersteller (BMW, Mercedes Benz, GM, Toyota, Land Rover, Audi, Honda u.a.) werden in den kommenden zwöl Monaten einen Knopf am Lenkrad mit der Siri-Funktion belegen, so lässt sich der Sprachassistent starten, ohne dass der Fahrer zum iPhone greifen oder schauen muss. Siri versteht in iOS 6 auch Französisch, Spanisch, Italienisch, Koreanisch, Japanisch und Chinesisch (Mandarin, Kantonesisch). Die lokale Suche wird mit Siri auch außerhalb der USA möglich sein. Außerdem kann Siri auf dem iPad genutzt werden.
Facebook wird genau wie Twitter in iOS integriert. Damit gibt man seine Benutzerdaten nur einmal ein und kann dann Fotos, Webseiten, iTunes-Medien, Apps aus dem App-Store, Game Center Spielstände, Standorte (Maps) und andere Informationeen direkt bei Facebook veröffentlichen. Facebook-Events lassen sich in den Kalender übernehmen, genau wie die Geburtstage der Freunde.
Unpassende Anrufe kann man mit einer Textnachricht beantworten oder sich später an einen Rückruf erinnern lassen. Eine “Bitte nicht stören”-Funktion unterbindet das Klingeln bei Anrufen als auch die Töne von anderen Nachrichten. Es lassen sich jedoch Rufnummern definieren, die dennoch akustisch “durchkommen” bzw. wiederholte Versuche von einer Nummer werden doch zugelassen, falls es ein Notfall ist. Facetime, die Videotelefonie, funktioniert jetzt auch im Mobilfunknetz, wobei die “Zulassung” am jeweiligen Provider liegt. Die Telefonnummer sowie die Apple ID werden zusammengelegt, was die Benachrichtigung von iMessages auf unterschiedlichen Geräten verbessert. Wenn jemand Facetime über die Mobilfunknummer anwählt, kann man den Anruf trotzdem auf dem Mac oder dem iPad (ohne SIM-Karte) annehmen.
iCloud
Über den iCloud-Sync lassen sich geöffnete Seiten vom Mac oder iPad auch auf dem iPhone in Safari aufrufen. Die Inhalte der Leseliste werden gespeichert, so dass man die Artikel auch später ohne Datenverbindung (z.B. im Flugzeug) lesen kann. Man kann auf einer Webseite in Safari Fotos aus der eigenen Sammlung hochladen. Ruft man eine Webseite auf, für die es eine App gibt, weißt ein “Smart App Banner” darauf hin. Hat man diese App bereits installiert, lässt sie sich mit einem Fingertipp öffnen.
Bilder aus dem Fotostream kann man Freunden zeigen, die wiederum Kommentarezu den Bilder abgeben können. Für Mails lassen sich VIPs definieren, deren Nachrichten mit einem Stern gekennzeichnet sind. Diese Mails erhalten ein eigenes Postfach und werden beim Eintreffen als Banner im Sperrbildschirm angezeigt. Auch mit Fahnen markierte Mails werden in einem eigenen Postfach angzeigt, was die Suche deutlich erleichtert. Bilder und Videos lassen sich direkt im Textfeld der Mail einfügen, ohne in die Foto-App zu wechseln. Ziehen-für-neue-Mails wird als Aktualisierungs-Option angeboten, das kennt man bereits von vielen anderen Apps. Pro Mail-Account ist eine eigene Signatur möglich. Auf verlorene iPhones kann man eine Telefonnummer senden, die der Finger mit einem Fingertipp anrufen kann.
PassBook heißt Apples neue Standard-App. Die Anwendung ist eine Mischung aus Geldbörse und Aktentasche. Hier liegen Kinotickets, Bordkarten für Flüge (mit QR-Code), Kundenkarten, Hotelreservierungen, Bahnfahrkarten, Rabatt-Coupons und andere wichtige Unterlagen. Das passende Ticket kann bei Ankunft am Kino, Flughafen oder Bahnhof üder die Ortungsfunktion als Banner im Sperrbildschirm auftauchen.
Google Maps wird nach fünf Jahren auf iPhone und iPad durch ein Apple-eigenes Kartenangebot ersetzt, was erwartet worden war. Bei der lokalen Suche nutzt Apple in den USA u.a. Yelp (das amerikanische Qype), aktuelle Verkehrsdaten werden anhand von anonymen iOS-Bewegungsdaten anderer Nutzer errechnet. Hoffentlich genügt die Zahl der Nutzer, Google hatte hier die eindeutig größere Basis an Geräten. Auch eine Turn-by-Turn, also eine dynamische, Navigation soll mit den neuen Karten möglich sein. Man kann Siri nach Orten, Routen und Geschäften in der Nähe fragen (sicherlich erstmal nur in Nordamerika).
Karten lassen sich als Straßenkarten (2D), als räumliche Darstellung (3D) und als Satellitenaufnahme betrachten. Außerdem gibt es einen Flyover-Modus, bei dem der Nutzer die Sicht aus einem Helikopter auf eine Stadt hat und fotorealistische Aufnahmen von oben betrachtet. iOS 6 ist als Beta-Version ab heute für Entwickler verfügbar und kommt ab Herbst 2012 für iPhone 3GS und neuer, iPad 2 und neuer sowie iPod touch (4. Generation).
App-Store
Apple verzeichnet 30 Milliarden App-Downloads. Zur Auswahl stehen 650.000 Apps, davon 225.000 für das iPad. Im Store sind rund 400 Millionen Nutzer-Konten hinterlegt, die größte Kundenbasis in einem Online-Store. App-Stores existieren in 123 Ländern und bis Jahresende kommen weitere 32 hinzu.
OS X – Mountain Lion
Das neue Betriebssystem wird eng mit der iCloud verknüpft: Termine, Adressen und Mails werden über sämtliche Apple-Geräte hinweg abgeglichen. Hinzu kommen Versionen bekannter Apps für den Computer: Nachrichten (iMessage), Erinnerungen, Notizen. Die Anwendung Dokumente in der iCloud speichert Dateien in der “Wolke” und bietet so einen orts- und geräteunabhängigen Zugriff. Auch geöffnete Tabs im Safari-Browser weden über die iCloud abgeglichen und so auf dem iPad angezeigt. Das Adressfeld in Safari ist jetzt gleichzeitig Suchfeld. Die Treffer werden aus den Lesezeichen, der Surf-Historie sowie der Suchmaschine angezeigt. Ist die iCloud aktiviert, wird auch die Liste der geöffneten Seiten auf dem iPad und iPhone durchsucht.
Es wird eine Diktierfunktion für die Macs geben. Der Weiterleitungspfeil kommt auf den Mac, um Inhalte an soziale Netzwerke weiter zu geben. Die Mitteilungszentrale – bekannt vom iPhone und iPad – hält Einzug auf den Rechnern. Ebenso wie das Game Center. Mail erhält eine VIP-Funktion für wichtige Nachrichten. Neue Funktion: Power Nap. Ein Ruhezustand, bei dem die Rechner Programme und Betriebssystem aktualisieren sowie Timemaschine Backups machen. Die Mirroring-Funktion bringt die Bildschirminhalte von einem Mac auf einen Beamer oder Fernseher (mit Apple TV Box). Audio-Inhalte lassen sich an AirPlay-taugliche Geräte schicken. Insgesamt sind über 200 Neuerungen in Mountain Lion enthalten. Das Update (kommt ab Juli 2012) kostet im Mac App-Store 20 Dollar, wer jetzt einen Mac erwirbt, erhält ein kostenloses Update.
Neue Laptops
Es gibt neue Versionen des MacBook Pro 15″ und der MacBook Air 11″ und 13″. Beim Air kommt die dritte Generation der Intel Core i7 Prozessoren (Ivy Bridge) mit bis zu 2,0 GHz Dual-Core zum Einsatz, bis zu 512 GB Flash-Speicher (SSD), USB 3.0 Anschluss, Facetime-Kamera (720p). Die Preise liegen bei 1.149 und 1.549 Euro.
Auch das MacBook Pro bekommt die neue Prozessor-Generation (i5, i7). Die 15″ Version hat einen eigenen Grafik Chip (Nvidia GeForce GT 650M) mit Kepler-Architektur. mehr Grafikleistung (+60 Prozent). Hinzu kommt ein neues MacBook Pro, das nur noch 1,8 cm dick (0,71 Zoll) ist und zwei Kilo (4,46 lb) wiegt. Die klassische Festplatte wird durch Flash-Speicher (SSD) mit bis zu 768 GB ersetzt. Der 15,4″ Bildschirm hat ein Retina-Display mit 2.880 x 1.800 px (220 dpi). Das sind über fünf Millionen Bildpunkte und somit vier Mal so viel wie in der Vorgängerversion. Die mitgelieferten Programme wurden der Bildschirm-Auflösung angepasst, auch Photoshop, Autodesk, Diabolo 3 und andere Software-Anbieter pumpen mehr Pixel in ihre Anwendungen. Das neue MacBook Pro hat erstmals einen HDMI-Anschluss, dafür fallen Ethernet und Firewire weg, dafür muss man Adapter in einem der beiden Thunderbolt-Anschlüsse verwenden. Es gibt einen SD-Karten-Slot und einen neuen Mag Safe 2-Stromanschluss (schmaler). Die Batterie schafft bis zu sieben Stunden. Das neue MacBook Pro 15″ kostet 2.279 bzw. 2.899 Euro.