Wo geht man hin, wenn man etwas über Geschichte erfahren will? Richtig, ins Museum. Folgerichtig hat Tesla seine Aktionäre ins Computer History Museum in Mountain View geladen. Eine solche Hauptversammlung (Video auf der Tesla-Seite) hat man in Deutschland wohl noch nicht gesehen. Die dreineinhalbstündige Veranstaltung erinnert eher an eine lockere Plauderrunde von Freunden am Lagerfeuer oder ein Klassentreffen 13 Jahre nach Schulabschluss.
Genau so alt ist Tesla und das Duo Elon Musk (CEO) und JB Straubel (CTO) erzählen von den Anfängen: Das reicht vom Vorläufer AC Propulsion t Zero über die Firmengründung 2003 bis zum geplanten Model 3. Von den Problemen mit Lieferanten, beispielsweise einem Batteriezulieferer in Thailand, der eigentlich ein Grill-Hersteller war. Kaum ein Zulieferer konnte das leisten, was Tesla für ein neuartiges Elektroauto benötigt. Darum perfektionierte das Unternehmen seine vertikale Integration und fertigt heute fast alles (ca. 80 Prozent) in Eigenregie. Für die launigen Anekdoten bat das Duo etliche Mitstreiter der frühen Tesla-Stunden auf die Bühne.
Die drei von der Ladestelle
An einer Stelle verwendet Elon Musk das deutsche Wort “Schadenfreude” und ein Mitarbeiter sagt “kaputt“, als er das Ende einer Testfahrt beschreibt. Ganz nebenbei erwähnt Musk, dass bei einer Fahrt mit dem Roadster-Prototyp Larry Page und Sergey Brin nicht über 16 km/h hinaus kamen. Dennoch investierten die Google-Gründer in das junge Unternehmen.
Daimler rettet Tesla
Ein deutsches Unternehmen rettete 2009 Tesla vor dem Aus. Zu dieser Zeit hatte die Finanzkrise Hersteller wie GM und Chrysler an den Rand der Insolvenz gebracht. Niemand wollte in ein Auto-Start-Up investieren. Doch die Vorführung eines elektrischen Smarts überzeugte die Ingenieure aus Deutschland. Daimler beteiligte sich mit 50 Millionen Dollar an Tesla. Fünf Jahre später, 2014, verkauft Daimler den Aktienanteil für 780 Millionen Dollar. Was später Daimler-Boss Dieter Zetsche zu der etwas gehässigen Aussage verleitet: “Bislang hat außer uns noch niemand Geld mit Elektroautos verdient.”
Designer Franz von Holzhausen kam 2008 an Bord, kurz nachdem der erste Tesla Store in Santa Monica, L.A., seine Pforten geöffnet hatte. Sein Design-Studio war ein provisorisches Zelt in einer Montagehalle von Space X, dem Weltraumunternehmen von Elon Musk. Das Zelt ist heute fort, doch das Design Center steht noch immer auf dem Space X-Gelände in Hawthorne, einem Stadtteil von Los Angeles. Das Tesla Hauptquartier hat seinen Sitz am Rande von Palo Alto im Silicon Valley.
Im Gegensatz zum Daimler-Investment war der staatliche Kredit des Energieministeriums im März 2010 kein “Lebensretter”, wie es oft in der Presse dargestellt wird. “Es war mehr ein Katalysator für die weitere Entwickelung“, sagt Musk. Tesla erhielt 380 Millionen Dollar für die Arbeit am Model S. Das Geld wurde 2013 inklusive Zinsen vorzeitig an den Staat zurückgezahlt.
Fabrik zu verkaufen
226,1 Millionen Dollar spült der Börsengang 2010 in die Kassen. Musk fasst die Reaktionen der Investoren bei der Roadshow mit “Love it or hate it” zusammen. Entweder waren die Finanzexperten begeistert oder lehnten Elektroautos rigoros ab. Ein wichtiges Zeichen in die Branche war Toyotas Beteiligung. Der japanische Autohersteller beteiligte sich mit 50 Millionen Dollar. Außerdem konnte Tesla die Nummi-Fabrik in Fremont für gerade mal 42 Millionen Dollar übernehmen und bekam so seine eigene Fertigung. Zuvor wurden 50 Prozent des Roadsters bei Lotus in Großbritannien gerfertigt.
Aufbau der Gigafactory
Die Idee für die Gigafactory in der Wüste von Nevada entstand aufgrund einer einfachen Tatsache: Tesla benötigt mehr Lithium-Ionen-Batterien als weltweit hergestellt werden. Zwar verwendt Tesla dieselben aufladbaren Battieren (Type 18650) wie sie in Laptops verwendet werden, doch die sehen nur außen identisch aus, betont Elon. Innen wurden sie für Elektroautos angepasst. Tesla produzierten die zylindrischen Zellen zukünftig in Kooperation mit Panasonic in einem größeren Format. Sie werden statt 18 dann 20 Millimeter im Durchmesser und 70 statt 65 Millimeter hoch sein.
Die ursprüngliche Planung für die Gigafactory belief sich auf Kapazitäten von 35 Gigawattstunden für die Autos und 50 GWh für die Energiespeicher. Doch die Fabrik könne bis zu drei Mal so viel produzieren, sagt Musk. Auch werde die Aufteilung zwischen den stationären Energiespeichern Powerwall und Powerpack sowie den Autobatterien eher bei 50:50 liegen. Die Gigafactory befindet sich bereits in der Anlaufphase. Die offizielle Eröffnung findet am 29. Juli 2016 statt. JB Straubel berichtet von einem Auftrag aus Hawaii, wo eine 50 Megawatt-Anlage mit Powerpacks geplant ist, die die Inselbewohner nachts mit Solarstrom versorgen wird.
Elon Musk setzt große Hoffnungen auf Tesla Energy. Erste Verkäufe zeigen, dass die regulatorischen Hürden bei den stationären Batterien niedriger sind als beim Autoverkauf. Das Geschäft lasse sich leichter skalieren. Sein Baugefühl sage ihm, dass die Umsatzgrößen bei den Autos und den stationären Batterien eines Tages gleich groß sein werden.
Elon Musk über Fehler beim Model X
Erstaunlich selbstkritisch beschreibt Musk den Start des Model X: “Ich wollte zu viel in Version eins drin haben, das hätte man schrittweise in Version zwei und drei implementieren sollen.” Das Problem mit den Flügeltüren (Falcon Wing Doors) sei ein Softwareproblem, so der CEO. “Der Umgang mit und die Auswertung der Sensordaten ist eine Herausforderung, aber wir sind fast da. Mit dem jetzigen Update und einem weiteren in einem Monat, sollten die Flügeltüren endlich besser als gewöhnliche Autotüren funktionieren“, sagt Musk.
Model 3: Supercharger nicht kostenlos
Musk antwortet auf die Frage eines jungen Aktionärs etwas verklausuliert. Dorch übersetzt sagt er: Fahrer des Model 3 können an Teslas Schnellladestation aufladen, doch das wird nicht wie beim Model S und X kostenlos sein. Es wird eine kostenpflichtige Supercharger-Option geben. Auch beim Start des Model S (40 und 60 KWh Batterie) war das Laden am Supercharger nicht enthalten und musste für 2.500 Dollar hinzugekauft werden.