Filterblase. Bei dem Wort mag man an Elon Musk und seine kühnen Ideen denken (Mars Besiedelung). Doch in diesem Fall geht es um ein Model X, das mit aktivem Filter in einer durchsichtigen Blase in der Tesla-Fabrik in Fremont steht.
Ingenieure haben die Luft in der Blase mit allerlei Dreck gefüllt. Die Luft enthält 1.000 µg/m3 Feinstaubbelastung (PM 2,5). Von Feinstaub spricht man, wenn die Schmutzteilchen in der Luft einen Durchmesser von gerade mal 2,5 Mikrometer (oder auch 0,0025 mm) haben. Diese feinen Teilchen gelten als gesundheitsgefährdend, da sie das menschliche Lungengewebe schädigen.
Nach etwas weniger als zwei Minuten mit aktivem Biowaffen-Schutzmodus (Bioweapon Defence Mode) in der Blase konnten die Insassen im Model X ihre Gasmasken absetzen und frei atmen. Die Messgeräte stellten keine Verschmutzung mehr fest. Bei der höchsten Stufe des Lüftungssystems wird der Luftdruck im Innenraum erhöht. Außenluft wird durch ein HEPA-Luftfiltriersystem und zwei Aktivkohlefilter angesaugt. Diese Filter halten 99,7 Prozent aller Abgaspartikel und praktisch alle Allergene, Pollen, Keime und andere Schadstoffe draußen.
Der Hepa-Filter (High Efficiency Particulate Arrestance) im Model X soll in Smog-geplagten Metropolen für besser Luft im Wagen sorgen, die ansonsten nur in Operationssälen sowie Reinräumen der Raumfahrt herrschen. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO liegt die durchschnittliche Feinstaubbelastung in Großstädten wie Peking bei 56 µg/m3, 25 µg/m3 in Mexiko City und 20 µg/m3 in Berlin. Eine Harvard-Studie aus dem Jahr 2013 besagt, dass diese Luftbelastungen zu einer verkürzten Lebenszeit von 23 Monaten in Peking, 10 Monaten in Mexiko City und acht Monaten in Berlin führe.
Aber jede Fahrt in einem Tesla ist mal zu Ende, und dann müssen die Passagiere wieder ungefilterte Außenluft atmen. Wie oft der Filter gereinigt bzw. gewechselt werden muss, schreibt Tesla nicht. Der HEPA-Filter mit dem Biowaffen-Schutzmodus kommt auch beim Facelift des Model S zum Einsatz.
Spät dran und gestutzte Flügel(türen)
Das Model X ist mit reichlich Verspätung gestartet. Die Produktion war ursprünglich für 2014 angekündigt. Erste Signature-Modelle sollten bereits Ende 2013 verfügbar sein. Die Serienproduktion kündigte Elon Musk im Februar 2012 für 2014 an. Doch Ende September 2015 gab es eine zweite Produktpräsentation, weil bis dahin hatten alle sämtliche Details der Mischung aus SUV und Minivan bereits wieder vergessen. Hierbei wurde die Produktion für Ende 2015 terminiert. Tatsächlich lieferte Tesla 206 Model X im letzten Quartal des Jahres 2015 aus.
In den ersten zwei Monaten des Jahres lag die Model X-Produktion praktisch brach. Probleme mit Teilen von Zulieferern, heißt es von Tesla. Vor allem die futuristischen Flügeltüren bereiten Schwierigkeiten. Erste Versionen laufen heiß und verlieren sogar Hydraulikflüssigkeit. Der Zulieferer, Hoerbiger aus Deutschland, wird verklagt und ausgetauscht. Doch die coolen Flügeltüren bereiten bis heute Probleme. Bei manchen Kunden öffnen sie nicht wie gewünscht. Bei manchen Besitzern, wie FoxXxy, erkennen die Sensoren Hindernisse nicht korrekt und stoßen gegen die Parkhausdecke.
Im April 2016, inzwischen sind rund 2.700 Fahrzeuge ausgeliefert, muss Tesla alle Model X in ihre Service Center rufen. Bei Crash-Tests hat sich herausgestellt, dass sich die Verriegelung der dritten Sitzreihe bei einem Aufprall lösen könnte. Passagiere würden mit dem Sitz nach vorn geschleudert. Der Fall ist zwar nicht eingetreten, doch Tesla lässt lieber Vorsicht walten.
Model X-Besitzer klagen über Mängel
Aber das ist längst nicht alles: Besitzer klagen über störende Reflexionen in der bis über den Kopf reichenden Frontscheibe – vor allem bei Dunkelheit. Der Bildschirm, zentrale Steuereinheit in dem Elektroauto, friert gelegentlich ein. Fenster gehen nicht auf oder nicht mehr zu. Mir ist das alles im Model X nicht passiert, aber meine Probefahrt reichte ja auch gerade mal vom Fabrikgelände in Fremont bis zum Flughafen in San Jose.
In Europa beginnt Ende April auf der Firmen-Webseite die Konfigurations- und damit Bestellmöglichkeit eines Model X. Die lange Wartezeit bis Ende 2016 versüßt Tesla seinen europäischen Kunden mit einer neuen Batterieversion (75 statt 70 kWh) und Allradantrieb.
Eigentlich sollten die Flügeltüren Tesla in der Oberklasse zu neuen Höhen verhelfen, doch sie könnten auch der Grund für einen heftigen Crash werden.