Bereits am 7. Mai 2016 kam es in Florida zu einem tödlichen Unfall mit einem Tesla Model S. Joshua Brown (40) fuhr mit aktiviertem Autopiloten auf dem Highway. Seine Aufmerksamkeit muss irgendwo abseits der Straße gewesen sein, denn sonst hätte er den quer auf der Straße stehenden LKW-Auflieger sehen müssen. An dieser Stelle verläuft der Highway schnurgerade und flach. Ungebremst raste der 40-jährige unter das hintere Ende des Anhängers. Aufgrund dessen Bauhöhe wurde die Frontscheibe und das Dach des Model S eingedrückt. Das Elektroauto fuhr unter dem Auflieger durch und kam erst nach rund 400 Metern an einem Leitungsmast zum Stehen, nachdem es zwei Zäune durchbrochen hatte. Das spricht für eine hohe Geschwindigkeit Der Autopilot funktioniert (zumindest in Deutschland) bis maximal Tempo 145 km/h. “Der war so schnell unter meinem Anhänger durch, ich habe ihn gar nicht gesehen“, sagt Frank Baressi (62) Fahrer des Sattelschleppers.
Warum hat der Autopilot nicht gebremst?
Die Kamera im Model S hat den weißen LKW-Anhänger im hellen Sonnenlicht (15:40 Uhr Ortszeit Florida) nicht als Hindernis erkannt. Dazu schreibt Dan Galves, Kommunikationschef des israelischen Zulieferers Mobileye: “Die heutige automatische Bremsfunktion (AEB) ist für Auffahrunfälle auf das Heck eines vorausfahrenden Fahrzeugs ausgelegt. Dieser Unfall war eine seitliche Kollision. Das kann ein AEB noch nicht verarbeiten. Unsere Systeme werden einen seitlichen Aufprall (LTAP) ab Anfang 2018 verhindern können.” Auch der Radar-Sensor im Model S hat keine Warnung ausgegeben, da er die erhöht stehende Fläche als ein Verkehrsschild gedeutet hat (Aussage von Elon Musk im verlinkten Twitter-Dialog).
In einem Blog-Eintrag betont Tesla, dass der Semi-Autopilot die volle Aufmerksamkeit des Fahrers und sein sofortiges Eingreifen erfordert. Die Hände sollen am Lenkrad verbleiben. Das System fordert den Fahrer dazu auch akustisch auf und bremst das Fahrzeug automatisch ab, wenn nicht in regelmäßigen Abständen ein Widerstand am Lenkrad verzeichnet wird. In diesem Fall hat die US-Verkehrsbehörde NHTSA vorläufige Ermittlungen aufgenommen und wird die Funktionsweise des Autopiloten untersuchen.
Our condolences for the tragic loss https://t.co/zI2100zEGL
— Elon Musk (@elonmusk) June 30, 2016
Ob Brown eine Hand am Lenkrad, aber die Augen woanders hatte, wird schwer zu rekonstruieren sein. Das Versagen der Kameras und Sensoren ist eindeutig. Joshua Brown lud seit Ende 2015 Videos von seinen Fahrten mit dem Autopiloten bei YouTube hoch. Darunter auch eins, das zeigt wie der Autopilot eine seitliche Kollision mit einem anderen Fahrzeug verhindert (siehe unten). Es liegt die Vermutung nah, dass Brown in seiner Aufmerksamkeit nachlässig geworden war, weil er dem Autopiloten vollkommen vertraute.
Abgelenkt von einem Film?
Bei dem tödlichen Unfall stand LKW-Fahrer Baressi mit seinem Truck quer zur Fahrtrichtung des Highways A27 westlich von Williston in Florida. Er wollte in die NE 140th Court Road abbiegen, als sich Brown in Fahrtrichtung Williston auf dem Highway A27 mit aktivem Autopiloten näherte.
Baressi, der nach der Kollision von seinem Truck zum Autowrack geeilt war, berichtet der Nachrichtenagentur AP, dass im Fahrzeug noch immer ein Harry Potter-Film lief. Das konnte er hören, gesehen habe der LKW-Fahrer die Wiedergabe allerdings nicht. Laut Tesla ist eine Filmwiedergabe auf dem 17-Zoll-Monitor nicht möglich. Doch hat der Hacker Hemera auf seinem Blog gezeigt, wie die Filmwiedergabe in einem Model S funktionieren kann. Ob das System von Brown derartig modifiziert war, ist nicht bekannt. In seinem YouTube-Video des Beinah-Crashs ist im Hintergrund ein Malcolm Gladwell Hörbuch zu hören. Eventuell hat der LKW-Fahrer eine Hörbuch-Wiedergabe für einen Film gehalten. Ermittler fanden im Unfallauto einen portablen DVD-Player, ob dieser während der Fahrt genutzt wurde, müssen die Ermittlungen ergeben.
Was an diesem Fall noch erstaunt: Obwohl es Fotos und Videoaufnahmen von der Unfallstelle gibt, dauerte es etwas mehr als sieben Wochen, bis das Ereignis die großen US-Medien erreichte. Dabei hatte Augenzeuge Bobby Vankavelaar bereits einen Tag nach dem Unfall Bilder aus seinem Vorgarten bei Facebook veröffentlicht.